Geschichte und Ausbildung
Die Reinkarnationstherapie wurde Ende der 60er Jahre von dem Amerikaner M. Netherton entwickelt. Mitte der 70er begann auch Thorwald Dethlefsen sie als eine Form der Psychotherapie zu nutzen. Die wissenschaftlichen Grundlagen legte in den 50er Jahren der amerikanische Psychiater Dr. Ian Stevenson (geb. 1918), Professor für Psychiatrie an der Universität von Virginia in Charlottesville, der zahlreiche Berichte von Reinkarnationserinnerungen bei Kindern sammelte und dokumentierte.
Mittlerweile gibt es unzählige Ausbildungen zum Reinkarnationstherapeuten, teilweise mit wissenschaftlichem Hintergrund, teilweise sind die Begleiter medial begabt. Als Reinkarnationstherapeut dürfen sich laut Gesetz nur Ärzte, Heilpraktiker oder Psychologen bezeichnen. Diese Berufsgruppe darf auch wiederum ausbilden. Die anderen Helfer, die auch über fundierte (aber nicht durch das Gesetz abgesegnete) Ausbildungen verfügen, firmieren dann eben unter anderen Bezeichnungen, wie: Reinkarnations-Begleiter, Wiedergeburtshelfer, Akasha-Lesungen, usw. Auf der Suche nach dem geeigneten Helfer sollte man immer auf seine innere Stimme und auf sein Herz hören. Den einen mag die eher wissenschaftlich orientierte Therapie ansprechen, den anderen die spirituelle Begleitung.
Begriff und Grundlagen
Um den Begriff der Reinkarnationstherapie ranken sich einige Halbwahrheiten. Die wohl am weitesten verbreitete ist die, dass man auf jeden Fall hypnotisiert werden muss und in der Hypnose alle Schrecken früherer Leben noch einmal durchleidet. Nicht wenige glauben auch, dass diese Therapie erst mit der New Age-Bewegung entstand. Auch der esoterisch Interessierte mag sich fragen, was der Blick in ein früheres Leben ihm wohl bringen mag, ob es ernsthafte Gefahren für die Seele gibt und woran man wohl einen guten Therapeuten erkennen mag.
Die Grundannahme, auf der die Reinkarnationstherapie fußt, ist die, dass jedem Menschen eine unsterbliche Seele innewohnt, die er in immer wieder neuen Verkörperungen (= Inkarnationen) agieren lässt. Durch diese Leben setzt er mit seinem Verhalten Ursachen und erfährt in diesem oder einem späteren Leben die Wirkung seiner Taten. Dieses Gesetz von Aktion und Reaktion, Ursache und Wirkung nennt man auch Karma.
Einige spirituelle Sichtweisen gehen auch davon aus, dass der lineare Zeitablauf, wie wir ihn erleben, lediglich eine Konstruktion unseres Verstandes ist. Alles ist jetzt. Auch alle jemals verkörperten Personen sind somit im Jetzt, befinden sich in parallelen Welten. Dortige traumatische Erlebnisse können so auf uns hier Auswirkungen haben und auch von uns hier bearbeitet und aufgelöst werden.
Auch wer nicht an die Seelenwanderung glaubt, kann die Reinkarnationstherapie für sich nutzen: Das Unterbewusste findet ein archetypisches Bild, das ein aktuelles Problem darstellt und auf den Punkt bringt, so dass es klar erkannt und gelöst werden kann.
Sinn und Wirkung
Wann macht eine solche Therapie Sinn?
Glaubensmuster, irrationale Ängste, Phobien und Blockaden, deren Ursachen nicht in diesem Leben gefunden werden können, erschweren den Alltag und können die persönliche Freiheit immer mehr einschränken. Körperliche Schmerzen, für die keine medizinische Ursache gefunden wird, unerklärliche Ängste oder Abneigungen vor Situationen oder vor Menschen sind eine unbewusste Erinnerung daran, dass in einer anderen Lebzeit etwas geschehen ist oder gedacht wurde, das der Klärung bedarf. Die hemmenden Glaubensmuster werden ans Licht gehoben, womit der erste Schritt zu deren Auflösung getan ist. Der Mensch wird freier in sich, ist nicht mehr länger ein Sklave alter Ängste und Vorstellungen. Ein einfaches Beispiel: Ein intelligenter Mann ist nicht in der Lage, eine Autofahrprüfung zu bestehen, weil ihn immer wieder Panikattacken befallen, sobald er in ein Auto einsteigt, selbst wenn er nur Beifahrer ist. In einer Rückführung stellt sich heraus, dass er als Kutscher die Kontrolle über sein Gefährt verlor und zwischen den Hufen und Rädern der nachfolgenden Wagen sein Leben ließ.
Eine Rückführung wirkt durch
- Konfrontation mit dem alten Bild, (in diesem Beispiel: das Unfallgeschehen)
- Erkennen des Glaubensmusters („ich werde ich nie wieder ruhig in einen Wagen setzen“)
- Vergeben (den anderen Wagenlenkern und am allerwichtigsten: sich selbst die eigene Ungeschicklichkeit)
- Nachbereiten des Erfahrenen durch ein abschließendes Gespräch – Übertragen des Bildes auf die heutige Situation
Wer sich auf der spirituellen Reise zu seinem wahren Selbst befindet, kann die Reinkarnationstherapie auch zur Erforschung und Klärung der eigenen Seelenreise nutzen.
Sinnlos bleibt ein solches Vorgehen jedoch, wenn lediglich aus Neugier oder Geltungsdrang in ein früheres Leben geschaut wird.
Ablauf und Dauer
Wie läuft eine Sitzung ab?
Es gibt verschiedene Techniken und Methoden, um an die verborgenen Erinnerungen zu gelangen. In den meisten Fällen wird der Klient in einem äußerst entspannten Zustand geführt, um Zugang zu seiner persönlichen Akasha (auch Buch des Lebens genannt – eine Art feinstoffliches Gedächtnis, das sich im Bereich des Solar-Plexus befindet) zu erhalten. Dies erreicht der Begleiter mit einer geführten Visualisation, oft kombiniert mit einer bestimmten Art des Atmens. Die Vollhypnose als Schlüssel in andere Leben wird nicht mehr so häufig angewandt, schließlich soll der Klient ja bewusst seine Gegenwart erfahren.
In diesem entspannten Zustand steigen nun Bilder oder Gefühle auf, die der Klient dem Therapeuten mitteilt. Der Therapeut fungiert im weiteren Verlauf als Begleiter, er fragt nach, und führt auf seine Weise und in der ihm eigenen Art durch diese Inkarnation bis zum Sterbeerlebnis. Anschließend, wenn der Klient wieder im Tagesbewusstsein ist, findet ein Nachgespräch statt, um die Erfahrungen weiter zu verarbeiten.
Wie oft sollte rückgeführt werden?
Es gibt Therapieansätze, die eine 4-wöchige Dauer mit täglichen Sitzungen empfehlen, um eine tiefgreifende Veränderung im Klienten zu bewirken. Genauso existieren auch Methoden, die nur eine Sitzung benötigen, um an die hauptsächliche oder grundlegende Ursache bzw. Störung zu kommen, die wiederum längere Pausen zwischen den Sitzungen empfehlen, damit das Erfahrene integriert werden kann. Auch hier gilt wieder: Auf das Herz hören. Was ist jetzt für mich stimmig?
Woran erkenne ich einen guten „Wiedergeburtshelfer“?
Zunächst: Er führt ein (kostenloses) Vorgespräch.
Weiter sollte er in der Lage sein, die inneren Bilder des Klienten wertfrei zu betrachten. Durch das wirkliche Mit-Erleben verringert sich die Gefahr, dass sich das tatsächlich Erlebte mit Wunschvorstellungen des Klienten vermischt. Der Therapeut wirkt hier als Korrektiv. Er kann schmerzlichen Begebenheiten auch die Härte nehmen, das heißt, er führt den Klienten nur so tief in das Erleben hinein, wie dieser es bewältigen und verstehen kann.
Er lässt die Sitzung auf einem Tonträger mitschneiden oder macht sich Notizen, die er dem Klienten zur Verfügung stellt.
Er zieht die Erkenntnisfindung nicht unnötig in die Länge, um weitere Sitzungen durchzuführen.
Er führt direkt im Anschluss ein Gespräch über das gerade Erlebte.
Er beendet die Sitzung erst, wenn sich der Klient wieder in einer stabilen Verfassung befindet.
Gefahren und Wirkung
Gibt es Gefahren?
Wie bei jeder Therapie, sollte man sich stets seiner Eigenverantwortlichkeit bewusst sein. Es besteht immer die Möglichkeit, dass sich der Klient durch Wunschvorstellungen oder tiefe Ängste in Bilder verrennt, die er so nicht erlebt hat. Besonders heikel wird es, wenn der Therapeut keine Möglichkeit hat, durch eigene Medialität oder z.B. die Messung des Hautwiderstandes Fehlinterpretationen zu vermeiden. Würde man versuchen, sich alleine rückzuführen, wäre die Gefahr in einer traumatischen Erinnerung „hängen zu bleiben“, gegeben.
Welches Leben sollte man sich betrachten?
Es ist sinnvoll, dort zu beginnen, wo die Türen bereits einen Spalt offen sind. Die Themen früherer Leben, die uns auch im Heute stark beschäftigen, sei es körperlich oder seelisch, sitzen dicht unter der Oberfläche unseres Bewusstseins und sollten zuerst geheilt werden. Ein medialer Begleiter erkennt dies und geht zuerst durch diese Türen hindurch.
Eine erfolgreiche Reinkarnationstherapie bringt Verständnis für sich und andere. Wir erhalten mehr persönliche Freiheit. Die Kette von immer neuen Ursachen und Auswirkungen kann durchbrochen werden, da wir die einschränkenden Muster erkannt haben und uns nun freiheitlich entscheiden können, wie wir eine beliebige Situation betrachten und auf sie reagieren wollen.
Quellen und Verweise
Reinkarnationstherapeuten, die teilweise auch ausbilden (entweder Arzt, Heilpraktiker oder Psychotherapeut):
- Mathias Wendel www.mathiaswendel.de
- Rüdiger Dahlke www.dahlke.at
- Charlotte Muthesius www.reinkarnationstherapie.de
Dr. Ebertin, Ich war einmal… Kinder erinnern sich an frühere Leben. Wilhelm Heyne Verlag, München, 2000.
Die Reinkarnations-Therapie hat sich in den letzten Jahren zu einer viel beachteten Ergänzung zu den üblichen Psychotherapie-Methoden entwickelt.
Für die Auswahl des Reinkarnations-Therapeuten ist unumgänglich, daß eine Vertrauensbasis aufgebaut werden kann. Der Patient/Klient sollte spüren, ob er den keineswegs leichten Weg der Therapie gehen will. Da und dort wird er durchaus auch „durch ein Tal der Tränen gehen“.
Aber die Chance der Befreiung aus alten Verhaltensmustern, Schuldgefühlen, übermoralischen Glaubensvorstellungen ist sehr hoch, unabhängig von der bisherigen Glaubensrichtung.
Da und dort spielen aus früheren Zeiten Gelübde, Verwünschungen bis hin zu Flüchen eine Rolle. Möglich ist auch, daß sich erdgebundene Verstorbene an einen Menschen hängen und ihn gleichsam „leermachen“ können wie eine alte Batterie. Es können aber vor dem inneren Auge auch geistige Führer und Engelwesen auftreten – unabhängig davon, ob man diese Gedanken akzeptieren kann oder nicht. Die Reinkarnations-Therapie ist eine sehr tief gehende Therapieform, die eine befreiende Wirkung sowohl auf der seelischen als auch körperlichen Ebene haben kann.
Ich wünsche allen, die diesen Weg gehen können und wollen, viel Geduld mit sich selbst, die Öffnung des inneren Auges und der Versöhnung mit sich selbst und ihren Mitmenschen.
Baldur R. Ebertin, Bad Wildbad