Irdana Verlag, Norderstedt, 2010, 228 Seiten, 15,90 €
Bücher über den Buddhismus gibt es viele, ebenfalls Bücher, die davon erzählen, wie praktizierende Buddhisten mit Lebenskrisen umgehen. Dieses Buch ist eines davon. Der Titel deutet an, was den Leser erwartet: die offene und ehrliche Auseinandersetzung eines Menschen, in diesem Falle einer Buddhistin, mit der bisher bedrohlichsten Krise ihres Lebens, in die sie unversehens im Alter von Ende 50 gerissen wurde. Wie sie mittendrin darum rang, in alledem die Meditationspraxis, in der sie schon seit 15 Jahren lebte, fortzuführen.
Sandy Boucher, Autorin und Lehrerin für angehende Autoren, hatte Darmkrebs. Die Diagnose traf sie unvermittelt. Zudem zu einem Zeitpunkt, an dem ihr Leben ohnehin kompliziert war. Innerhalb weniger Tage hatte Sandy Boucher sich einer schweren Operation und einer anschließenden, für 48 Wochen geplanten Chemotherapie zu unterziehen.
Die Autorin beschreibt ihre Krankheit und deren Behandlung aus der Sicht eines Menschen, der Mitte der 1990er Jahre zu den über 43 Millionen Amerikanern gehörte, die keine Krankenversicherung hatten. Das allein ist schon berührend und aufwühlend. Boucher beschreibt nicht nur sich, sondern auch in Skizzen die anderen Patienten, die stundenlang mit ihr in engen, zugigen Fluren eines Krankenhauses warten; sie warten auf den Arzt, eine Behandlung, auf die bevorstehende Operation. Sie beschreibt auch, wie sie in dieser Lage stets die Verbindung mit der Meditation suchte, um nicht von ihren Gefühlen weggerissen zu werden. Sie hatte nämlich Angst. Sie war von Furcht und Entsetzen gequält. Als man ihre Schmerzmittel nach der Operation kurzerhand absetzte, wurden die Schmerzen unermesslich. Die vielfältigen und oft lauten Geräusche von den Mitpatienten, von denen sie nur durch einen Vorhang getrennt war, plagten sie. Der Lärm von den Fluren, der durch die offen stehenden Türen des Krankenzimmers kam. In alledem jedoch suchte Sandy Boucher immer wieder den Kontakt mit ihrem Atem. Und sie beschreibt eine starke, tragfähige Verbindung zur Göttin Kuan-Yin, die sich für sie als eine anbetungswürdige, hilfreiche Präsenz der Liebe und des Mitgefühls erweist. Sie erklärt auch, wie es zu dieser Verbindung gekommen ist und was sie ihr, als praktizierender Buddhistin, bedeutet. Boucher sieht Kuan-Yin in jedem, der ihr mitfühlend und respektvoll begegnet, seien es die Ärzte, die sie behandeln, sei es eine Krankenschwester, die sich bemüht, der Patientin so wenig Schmerzen wie möglich zuzufügen, während sie in den durch die Chemotherapie zerstochenen Venen eine sucht, in die die nächste Kanüle eingeführt werden kann. Doch nicht allein das. In ihrem Leiden bemüht sich Sandy Boucher, Anderen und sich selbst, wann immer es ihr möglich ist, ebenfalls mitfühlend zu begegnen: etwa ihren Mitpatientinnen, die sie manchmal an die Grenzen ihrer noch verbliebenen Kraft bringen. Bei ihrer langjährigen Lebensgefährtin gelingt ihr dies allerdings nicht. So bahnt sich eine weitere Krise an.
Die Autorin erzählt ihre Geschichte, indem sie aktuelles Geschehen und Erinnerungen miteinander verwebt. Sie porträtiert ihre Lehrerin, bei der sie Meditation erlernte und an deren Retreats sie auch während ihrer Krankheit teilnahm, von der Chemotherapie so erschöpft, dass sie nicht mehr sitzend meditieren konnte. In diese Rückblenden und Porträts eingeflochten sind etliche praktische, leicht nachvollziehbare Anleitungen zur Meditation, verschiedene Techniken der Meditation und Erläuterungen dazu, welcher Strömung des Buddhismus diese angehören. Die älteste Form sei es, der sogenannte „Theravada-Buddhismus“, der vor allem in Thailand und Burma zu Hause ist. Worin dieser besteht wird ebenfalls erklärt. Sandy Boucher streut auch eigene Reflexionen zum Buddhismus ein, die zuweilen schockieren mögen, obwohl sie lediglich benennen, was ist.
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Sandy Boucher erlebt schließlich am Punkt ihres stärksten Leidens, als sie nichts mehr aushalten konnte, völlig überraschend etwas, das man nüchtern mit „Erleuchtungserfahrung“ benennen könnte. Sie kehrt wieder in ihr Leben und ihren Alltag, in das Chaos, zu dem beides geworden war, zurück. Einem seit vielen Jahren bestehenden Netzwerk von Frauen und besonders ihren Freundinnen und Schülerinnen verdankt die Autorin schließlich, dass sie während ihrer Krankheit und Hilflosigkeit getragen wurde. Dieses Netzwerk hat ihr geholfen, zu überleben. Damit betont dieser autobiographische Bericht auch die Wichtigkeit von Gemeinschaft.
Wer Buddhismus mit Wellness verwechselt, wird dieses Buch nicht mögen. Wer Meditation praktiziert und sich selbst gegenüber ehrlich ist, könnte in diesem Buch vieles finden, was ihm bekannt vorkommen dürfte und sich darin bestärkt sehen, in seiner oder ihrer Praxis fortzufahren.
Einschätzung der Reiki Magazin Redaktion: Beeindruckende spirituelle Literatur!
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